„Portugiesen bestätigen Sparpolitik“ titelt die Leipziger Volkszeitung (LVZ) Anfang Oktober 2015. Das klingt klar und deutlich. Tatsächlich allerdings dreht das Leipziger Zentralorgan vorsichtig formuliert an den Tatsachen und betreibt Propaganda.
Offenbar scheint alles nur noch eine Frage der Darstellung. Bei den Parlamentswahlen in Portugal hat das konservative Regierungsbündnis des aktuellen Ministerpräsidenten Passos Coelho etwa 37 % der Stimmen geholt. Es besteht aus zwei Parteien, den rechtsliberalen Sozialdemokraten und der rechtskonservativen Volkspartei.
Im Unterschied zur letzten Wahl verpasste das Büdnis damit die absolute Mehrheit deutlich, und die linken Parteien hätten – jedenfalls theoretisch – eine Mehrheit im Parlament. Die konkrete Regierungsbildung basiert schließlich auf parteitaktischen Überlegungen. Soviel zu den Fakten.
Wie allerdings die immer noch für seriös gehaltene LVZ die Lage deutet, ist atemberaubend und macht sprachlos. In einer Phrase als Überschrift platziert verdreht sie die Tatsachen bis zur Unkenntlichkeit und behauptet, die Portugiesen, also gleichsam alle, hätten nicht nur gewählt, sondern gleich noch in einer Art deutlichem Bekenntnis der Austeritätspolitik ihren Segen gegeben. Daran ist alles falsch: „Die Portugiesen“ haben mit deutlicher Mehrheit (immerhin etwa 63 % der abgegebenen Stimmen) nicht die amtierende Regierung bestätigt; und die Austeritätspolitik des Landes stand nicht unmittelbar zu Debatte. Faktisch dürfte zwar das Bündnis um Coelho weiterhin die Regierung stellen. Allerdings nicht auf Basis einer deutlichen Mehrheit. Die Wahlbeteiligung, die bei deutlich unter 57 % lag, reißt die Überschrift der LVZ vollends ins Lächerliche.
Es braucht keine weitschweifigen und intellektuellen Ausführungen, um diesen Beitrag der LVZ zu erklären. Wir haben es nicht mehr mit Deutung oder geschickter Auslegung, mit der Rhetorik als Redekunst zu tun. Stattdessen fabuliert die LVZ und wagt sich auf ein anderes Terrain vor: „Propaganda“ – erklärt Wikipedia und trifft damit den Kern der Sache – „bezeichnet einen absichtlichen und systematischen Versuch, öffentliche Sichtweisen zu formen, Erkenntnisse zu manipulieren und Verhalten zum Zwecke der Erzeugung einer vom Propagandisten oder Herrscher erwünschten Reaktion zu steuern.“