Es gab Zeiten, als große Koalitionen noch ein Unding waren. Mittlerweile gehören sie – ganz im postdemokratischen Stil – zum Standard. Und „linke“ Allianzen, also etwa Regierungsbündnisse zwischen SPD, Linken und Grünen gelten manchen bereits als Vorstufe zur kommunistischen Revolution. Nun drängt sich unmittelbar die Frage auf, was genau die drei Parteien zu linken machen soll. Die SPD mit ihrem Baby Ceta, die Grünen mit reaktionären Knallköpfen wir Boris Palmer oder Winfried Kretschmann und DIE LINKE mit Sahra Wagenknechts „Obergrenzen“? Alles egal, denkt sich die Junge Union München. Wenn die regieren, entsteigt sogar Lenin dem Mausoleum. Sich selbst jedenfalls verstehen sie unumwunden als Nazis.
Was auch immer die Junge Union München nimmt, sie sollte weniger einwerfen. Anders jedenfalls ist dieser Fail kaum zu erklären. Weil sich dieser Tage ein paar Bundestagsabgeordnete von SPD, Grünen und Linken treffen, um die Koalitionsoptionen nach der nächsten Bundestagswahl zu sondieren (diese Idee ist länger schon als R2G bekannt), malt die Jugendorganisation der CSU den Teufel des Sozialismus an die Wand. „Der deutsche Sozialismus formiert sich im Bund“ heißt es auf einem Werbebild, das auf ihrer Facebookseite veröffentlicht wurde. Offenbar in Unkenntnis der Debatten innerhalb der sozialistischen Linken im frühen 20. Jahrhundert verkennen die Möchtegern-Seehofers gänzlich, dass gerade der „deutsche“ Sozialismus ein nationaler wäre. Es braucht hier wohl keiner weiteren Verdeutlichung, was es heißt, die beiden Wörter Sozialismus und national zusammenzuziehen.
Eine Photoshop-Montage unter dem Slogan verdeutlicht dabei den eigenen Ort, die Sprecherposition, von der aus die Junge Union München R2G verhindern will. Da werden die Logos der drei zu verdammenden Parteien vor eines der berühmtesten Bilder des 20. Jahrhunderts montiert – jenes, auf dem ein Soldat der Roten Armee die sowjetische Flagge in Berlin hisst. Das assoziative Spiel des Bildes ist recht simpel: Wenn die R2G das Ruder im Bund übernehmen sollte, würde der Sozialismus den Sieg davontragen, genauso wie die Sowjets mit ihren Verbündeten 1945 am Ende doch gewannen.
Das allerdings heißt auch (und zwingend), dass sich die Junge Union München im guten alten Deutschen Reich wähnt, das es auf Biegen und Brechen zu verteidigen gilt. Sonst, so die Bildsprache, liegt das Land wie damals in Trümmern. Das deutsche Opfergejammer und die mittlerweile hoffähige Schuldumkehr drücken sich hier schön in naiver Bildsprache aus. Wohlan, liebe Junge Union München, dann rettet mal das Dritte Reich!