Im Leipziger Westen geht es rund. Das Westwerk, ein ehemaliges Fabrikgelände und heute Wohnzimmer und Versorgungsstation einer beachtlichen Hipstergemeinde, hat Veränderungen angekündigt. Streitbare, ohne Frage. Einige sind möglicherweise ärgerlich. Und kapitalistisch auf jeden Fall. Die Reaktionen darauf sind allerdings schräg: Sie strotzen vor Revolutions- und Kampfrhetorik.
Das ehemalige Armaturenwerk im Leipziger Westen beherbergt über 100 Mieter, vom Atelier bis zur Gießerei. Ein schickes Kleinod. Der Besitzer will (oder braucht), so viel scheint sicher, ein paar zahlungskräftigere Mieter. Zehn von den genannten Mietern stehen daher zur Disposition, wobei die Gerüchteküche ordentlich brodelt und durchaus wichtige Details unerwähnt blieben.
Aber das nur am Rande. Die Rhetorik allerdings, mit der die Gentrifizierungsgegner ihr sicher nicht unberechtigtes Anliegen vortragen, hat es in sich. Eine Rundmail im Sinne der Vernetzung, die Mitte Januar 2017 über den Äther ging, war mit den markigen Worten „Der Aufstand wird vorbereitet“ überschrieben. Dafür wurden drei Termine anberaumt, ein Plenum, eine Diskussion und ein „kreativer Demotag“. Schon klar, reißerisch zieht und Übertreibung gehört zum Geschäft. Aber ein Aufstand, „the coming insurrection“ des Unsichtbaren Komitees, weil die Lieblingsgalerie in Zugzwang geraten könnte? Geht es vielleicht ein bisschen kleiner?
Auf der eilig erstellen Internetseite des Protests heißt es weiter: „Wir Bewohner*innen des Leipziger Westens und Nutzer*innen des Westwerks verstehen das als einen Angriff auf einen wichtigen Ort unseres kulturellen Lebens.“ Ohne Zweifel stehen sich Kapitalismus und Kultur – jedenfalls in Bezug auf freischaffende, unkommerzielle Variante – deutlich gegenüber. Eine fristgerechte Kündigung und ein paar möglicherweise ärgerliche Veränderungen an Räumlichkeiten jedoch als „Angriff“ zu verstehen, schießt über das Ziel hinaus. Der Rest des „Aufrufs“ ist, man muss das so deutlich sagen, ein völlig unpolitisches Gejammer darüber, dass der eigene Konsum- und Freizeitspielplatz umgebaut werden soll. Im O-Ton:
Das Westwerk ist ein wichtiger Ort für viele Menschen im Leipziger Westen. Hier gehen wir am Wochenende tanzen, machen Kunst, schauen uns Ausstellungen und Filme an. Von hier beziehen einige ihr Internet, Rat und Reparatur bei Computerproblemen und trainieren Selbstverteidigung in FLTI-Gruppen. Kurz: ein Ort von selbstorganisierter Kunst und Kultur. Das Westwerk ist ein symbolischer Ort für einen unkommerziellen, kreativen und auch subversiven Charakter, den Leipzig zunehmend einbüßt.
Man beachte die Reihenfolge: Zuerst kommt der Tanz, dann die Kunst, inklusive Ausstellung und Film. Die Bedeutungsmitte besetzen Rad- und Computerreparaturen sowie Sportkurse. Ganz am Ende, etwas verloren, schreibt sich dann noch die Subversion ein, allerdings ohne Anhaltspunkt, was genau umgestürzt werden soll (Subversion von lat. subversio, also Umsturz). Unter „Aktuelles“ heißt es dann etwa „Update Situation SubLab“ oder „Update Situation Spätshop“, beinahe im Stil drängender Frontberichterstattung. Die Flanken müssen gehalten werden, sonst droht der Feind die Oberhand zu gewinnen.
Zurück zum Ernst der Lage. Schön und begrüßenswert sind die Veränderungen im Westwerk womöglich nicht. Doch dürfte niemand ernstlich überrascht sein, dass der Eigentümer eines solchen Geländes hier und da an Stellschrauben dreht. Der Wert des Westwerks wird dicke sechsstellig sein, und im boomenden Westen stehen Käufer vermutlich Schlange, inklusive der Pläne für überteuerte Loftwohnungen und schicke Bioläden. Von „Aufstand“ und „Angriff“ zu reden, ist für sich genommen schon unpassend. Dass der Protest sich allerdings auf die eigene Konsumorientierung stützt und so gesehen einigermaßen unpolitisch aussieht, gibt dem Ganzen eine etwas bittere Note. Zumal das Westwerk seit zehn Jahren „kapitalistisch“, also privatwirtschaftlich, aufgestellt ist, Kunst und Kultur lange subventioniert hat und beides nicht auf einmal und vollständig abzuschaffen gedenkt.
ähh??…die „interventionistische linke“.. nun ja
„kommt zum anti-kapitalistischen zusammenschluss: westwerk demo am samstag
14.00 / brücke ecke karl heine / bringt fahnen, transpis und …
wie viele sind auch wir mit dem kuschelkurs der in der auseinandersetzung um das westwerk teilweise gefahren wird nicht glücklich. verwalter und eigentümer führen die nutzerinnen und nutzer in einen diskurs zu deren nachteil, spielen deren rolle im westwerk herunter und ihre eigene auf. wir wollen zeigen, dass wir damit nicht einverstanden sind.
wir können den vermietern, den verwaltern, den eigentümern persönlich nicht vorwerfen, dass sie schlussendlich ausschließlich profit machen wollen. was wir aber können und müssen ist, ihre shanti-maske vom kapitalschädel herunter zu reissen: das geheuchel und die anmaßung, von wegen „wir haben das hier aufgebaut“, „das war unsere idee“ und „wir würden ja gerne nur alternative kultur fördern“… diese gönnerhaftehaltung von schoßtierzüchtern, die uns zum halse heraushängt!
wir, die betreiber_innen und nutzer_innen haben das westwerk zu dem gemacht, was es heute teilweise ist, lohnabhängige anderer zeiten haben jeden stein an seinen platz, jede lebendige idee in unsere köpfe und herzen gesetzt! die tätigkeit von lohnabhängigen und erwerbslosen in den letzten jahrzehnten nicht nur aber auch im westwerk, führte erst dazu, dass plagwitz und lindenau nicht mehr als zerfallenes stück stadtrand wahrgenommen werden, sondern ein lebendiges und beliebtes viertel ist. der darauffolgenden verteurung der immobilien dagegen ist die tätigkeit der eigentümer, die wir nicht anders denn als – vielleicht unbewussten – „klassenkampf von oben“ wahrnehmen müssen.
weil das unsrige interesse, hier wie überall in der welt gegen das interesse der meisten eigentümer und investoren steht, fällt unser kampf für eine bessere welt im „klassenkampf von unten“ mit dem kampf für unser eigenes leben und unser schaffen zusammen. wenn wir den klassenkampf als eine wahre unabdingbarkeit unseres kampfes für eine bessere welt für alle annehmen, kann es keine zugeständnisse, kein zaudern und zurückweichen vor den bossen mehr geben, weder in der miete, auf arbeit, beim jobcenter, in der gegenseitigen sorge und sonstwo.
ein antikapitalistischer und kämpferischer block auf einer demo ist nur ein zäckchen aus der krone, klar, doch seine wichtige aufgabe ist es, daran zu erinnern, dass wir noch nicht ganz im frieden liegen, verstrickte die wir sind, und kuschen und in stille davondröppeln, bis nach chemnitz and further. alle tage ist alltag und täglich grüßen die bosse und ihre karamellisierten phrasen und sanften drohungen. Wir schlafen nicht ein, wir bleiben dran und nehmen unsere interessen und betroffenheiten als prekarisierte wahr und ernst.
im alltag organisieren heißt den klassenkampf führen, soziale und kulturelle trennungen zu überbrücken, heißt uns kennen zu lernen und selbstverteidigung in solidarität neu zu erlernen, heißt aufzuhören mit dem linkischen identitären gelaber – klassenkampf heute heißt auch, im viertel um die noch offenen bewegungsräume zu kämpfen.
eine demo kann nur ein schlaglicht sein und niemals die basis-organisierung um alltägliche betroffenheiten ersetzen – doch unsere position sollte am samstag lautstark zugegen sein – auch, damit wir uns durchzählen können und sehen, dass es sich lohnt, dran zu bleiben. avanti!“
https://linksunten.indymedia.org/de/node/203445
Ja, ne, is klar.
Sorry rf, aber du bist ein typischer Vertreter der Pseudolinken. Was meine ich?
Nehmen wir mal Hillary Clinton: heute beschweren sich all über Trump und seine Mexikopolitik, aber was hat die ach so „PROGRESSIVE“ Hillary bzw. Obama denn getan?Amerikanische Arbeitsplätze, halbwegs gut bezahlt, nach Mexiko verlagert, wo für nen Appel un en Ei produziert wird. Trump sagt er ändert dies. Also was ist „linker“? Verlagerung oder Halten von Arbeitsplätzen.
Das Problem ist immer wenn es heiß wird redet ihr links und handelt schön im Sinne der Ultrakapitalisten. Früher nannte man das mal Sozialfaschismus. Aber dafür geben euch die Großkopferten ja nette, gutdotierte Pöstchen in Unis, Ausschüssen und was weiß ich wo…
Oh, weg vom Thema und voller unsachlicher (und falscher) Unterstellungen. Kein Ansatz für ein Gespräch.
Da muss ich mich wohl entschuldigen. Selbstredend bin ich auch keiner Antwort würdig. Wie konnte ich vergessen, dass Hochwohlgeboren mit unsereins kein Gespräch führt, da intellektuell nicht in der gleichen Liga.
Aber wie dem auch sei. Mit betrachtungen über Höckes Genitivgebrauch werdet ihr den Faschismus nicht aufhalten können.
PS: Wenn sie euch als Diskutanten diffamieren und ausschließen, ist der Sieg nah, denn dann habt ihr ihnen den Angstschweiß auf die Stirn getrieben! (Mao abgewandelt)
Der Kampf der Marginalisierten im Westwerk geht weiter – viva la siempre victoria!!!
Was soll ich antworten als „Sozialfaschist“, „Kommunistenjäger“, „Pseudolinker“ und „Großkopferter“ mit zugeschachertem „Pöstchen“? Dein Auftakt war gespickt mit Beleidigungen, ihm folgten Aussagen zu einem ganz anderen Thema als der Text, um den es gehen sollte (irgendwas zu Trump und Clinton). Da hält sich „Hochwohlgeboren“ dezent zurück.
Mensch, ist doch nicht so gemeint. Wo gehobelt wird da fallen Späne…also nix für Ungut.
Was für ein beschissen sinnloser Text. Nur scheinen für viele die Veränderungen im Westwerk mehr als „ärgerliche Veränderungen der Räumlichkeiten“ zu bedeuten und das wird erstmal öffentlich kritisiert. So weit so gut, schade nur das selbstverliebte Texte wie deine dazwischen grätschen müssen um ein bischen die Spaltung anzuheizen. Aber wenns klicks bringt…
Das Spiel, das Du spielst, Manuel, heißt Verdrängung. Wenn ein kurzer Kommentar wie dieser die Macht haben soll, irgendetwas oder irgendwen zu spalten, dann stehen die Dinge nicht gut um die Bewegung. Schön wäre es jedenfalls, der Kunst der Argumentation ein wenig mehr Raum zu geben. Statt einfach von „beschissen“ und „sinnlos“ zu faslen. Keine gute Grundlage.
euer Text wird auf linksunten diskutiert:
https://linksunten.indymedia.org/de/node/202408
Fazit: euer Text ist ganz böse „unsolidarisch“ 😉
Danke für den Hinweis. Die Stimmen sind allerdings duchaus gemischt, scheint mir.
ok, wenn ihr das so gut analytisch aufbereitet habt besser doch nix machen. Capitalism must win!
Ne, das Westwerk vor den Abrissbirnen „retten“ und damit dem Kapitalismus ordentlich zusetzen. Ich vermute, dass er das nicht verkraften wird und in die Knie geht. Trotzkis Erben werden vom Westwerk aus die Weltrevolution in Gang setzen. Das wird gut.