In der „linksfaschistischen Echokammer“

Besorgte Kommentare sind schon eine putzige Sache – insofern sie nicht gleich verbale Zumutungen enthalten und zur Gewalt aufrufen. In einem herausragenden Exemplar war unlängst von unserer „linksfaschistischen Echokammer“ die Rede. In der stehen wir also und hören uns selbst zu. Doch was ist damit gemeint? Genauer besehen, entsteht ein schräges Bild.

Die Rede von der Echokammer hat zur Zeit Konjunktur. Damit soll beschrieben werden, wie digitale Subnetze die immer gleichen Inhalte hin- und herspielen und dafür sorgen, dass letztlich alle glauben, im Recht zu sein: Für jede Haltung, und sei sie noch so absurd, gibt es Inhalte, die zirkulieren und von mehr bis minder schlauen Algorithmen platziert werden. Ob allerdings Echo, also ein akustischer Widerhall, die richtige Metapher ist und ob die alte staubige Kammer assoziativ passt, darf bezweifelt werden. Sei’s drum. Für den Moment bebildert der Begriff etwas, das sich sonst in eher technischen Vokabeln der Anschauung verweigert.

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„Linksfaschistisch“ dagegen bleibt undurchsichtig. Als diffamierende Bezeichnung nutzen es besorgte Bürger, um den Feind auszumachen und sich mit aller sprachlichen Gewalt als bürgerlich zu inszenieren. Dass oft genug im nächsten Satz der (direkte oder indirekte) Ruf nach einem Führer erschallt, die alten völkischen Denkmuster aus dem Keller vom Nazi-Opa hervorgeholt werden und der Hass auf die Fremden im uncharmanten Kleid der inszenierten Angst auftritt, hält Besorgte nicht davon ab, immer die anderen für Nazis und Faschisten zu halten. Es muss herrlich sein im Kontrafaktischen.

Die Vorstellung schließlich, wie es in einer „linksfaschistischen Echokammer“ zugehen muss, liefert doch Anlass zum Schmunzeln. Schließlich stopfen die Besorgten dort alle rein, die nicht in ihrem Chor mitsingen wollen. Die Kammer ist also gut gefüllt. Da redet ein Kommunist von der Revolution, neben ihm strickt eine Veganerin Partnerhandschuhe und zwei Hipster diskutieren über Popkultur. Ein paar Anarchisten wollen die Kammer einreißen und der RCDS kann deshalb nicht in Ruhe Christenlieder singen. Die Jusos sind in einem erbitterten Streit, ob Schulz oder Gabriel. Und eine Studentin ruft dazwischen, dass „uns“ die SPD eh nur verraten habe. Das Echo in der Kammer jedenfalls ist nicht mehr als diffuser Lärm.

  1. Ein bisschen hat der Typ schon recht. Aud der anderen Seite (wie ich das hasse in Seiten aufzuteilen) gibt es auch ganz komische Begriffe. Vor allem hier in Leipzig bei den Linken. Da ist alles so DDR-Slang. Also einfach mal reden statt mit Faschist um sich werfen, beide Seiten 🙂

    Gruss. Marlene

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