„Asylkritik“-Kritik

„Asylkritik“: Ein neues Wort macht die Runde und ersetzt den Regenschirmbegriff „besorgte Bürger“. Steht „besorgte Bürger“ für eine Schnittmenge aus Nazis und Rassisten, frustrierten Erwerbslosen und wendeenttäuschten ostdeutschen Rentnern, von Abstiegsängsten getriebenen Angehörigen der unteren Mittelschicht und anderen Menschen mit einfachem Weltbild, so soll Asylkritiker jene bezeichnen, die mit der deutschen Einwanderungspolitik nicht übereinstimmen. Nur wird das Wort in den Medien nie in der Form verwendet, sondern dient vornehmlich zur Verharmlosung vor Flüchtlingsheimen auflaufender gewaltbereiter oder gewalttätiger Menschen.

Asylkritiker wäre ja jeder, der die Asylgesetzgebung der deutschen Regierung kritisiert. Asylkritisch sind demnach Positionen wie die der Pegida oder NDP, aber auch von Grünen und Linken vertretene, etwa die Ablehnung von zentralen Massenunterkünften. So richtig taugt der Begriff also nicht zur scharfen Kennzeichnung einer Position. Aber darum scheint es auch gar nicht zu gehen, wenn Menschen „Asylkritiker“ genannt werden, die Flüchtlingsunterkünfte anzünden oder Polizisten angreifen, welche Flüchtlingsheime schützen, oder Flüchtlingen und deren Unterstützern unverhohlen mit Mord drohen. Zuletzt bezeichnete eine Pressemitteilung der Polizei – der MDR griff es gedankenlos auf – den Mob im sächsischen Heidenau als „Asylkritiker“. Damit werden, nachdem schon Rassismus durch das Label „Asylkritik“ verharmlost wird, nun sogar pogromartige Ereignisse zu einer legitimen Diskursposition erhoben. Und das von einer Behörde. Es ist für die mehr als 30 verletzten Polizisten sicherlich nicht beruhigend, wenn ihnen ihr Sprecher attestiert, dass sie nicht von Nazis, sondern Asylkritikern attackiert worden sind.

 

Das Sprachlog hat sich ausführlich mit dem Auftauchen der Bezeichnung „Asylkritiker“ auseinandergesetzt.