Zügelloser westlicher Egoismus: Caritas und Diakonie sind dabei

Die_Groesste_Katastrophe
Quelle: http://www.caritas-international.de/wasunsbewegt/veranstaltungen/sommeraktion-2016/downloadbereich

Hilfsprogramme für die sogenannte Dritte Welt haben es an sich schon schwer. Sie sind gefangen zwischen postkolonialen Almosen, westlichem Ablasshandel (wer spendet, bereinigt sein Gewissen und kann fortan – wie üblich im Kapitalismus – indirekten Raubbau betreiben) und einer sehr berechtigten und ernst gemeinten Unterstützung bei humanitären Krisen. Oft ist schwer zu erkennen, wer eigentlich was will und wer wovon profitiert. Eine neue Kampagne von Caritas und Diakonie allerdings spielt so offenkundig den westlichen Egoismus aus, dass es weh tut. Beabsichtigt ist das freilich nicht.

„Die größte Katastrophe ist das Vergessen“ ist dieser Tage auf etlichen Plakaten zu lesen, hinterlegt mit sinnbildlicher Trockenheit und Armut. Es geht um Somalia und den Südsudan, wo die Lage jeweils ernst ist. Auf der Seite von Caritas international wird die neue Kampagne ausführlich erklärt. Der Slogan jedoch prangt über allem und ist eine Zumutung. Größer noch als das Elend in bestimmten Teilen der Welt, schlimmer noch als die Folgen von Kriegen und Trockenheit ist es, dass wir – die westlichen Konsumenten, die den Werbespruch beschauen dürfen – vergessen, dass wir uns nicht mehr erinnern. Schon klar, das ist nicht beabsichtigt, steht aber da. Der Slogan verbleibt völlig im Assoziationsspiel des hiesigen Betrachters und klammert beinahe offensiv jene Menschen aus, um die es gehen sollte. Wenn die fehlende Erinnerungsleistung der Superlativ mit negativem Vorzeichen ist, dann spielen die betroffenen Menschen nur noch eine Rolle als Projektion, als Spielball für das westliche Wohlbefinden.

Ein werbeträchtiger Superlativ stellt also das Erinnern privilegierter Europäer über die buchstäblich katastrophalen Lebensbedingungen in Teilen Afrikas. Dass dies ein subtiler Spendenaufruf ist, der vielleicht sogar Wirkung zeigt, mag sein. Deutlicher allerdings lässt sich kaum vorführen, dass selbst im Hilferuf die Selbstgefälligkeit des reichen Nordens gekitzelt werden soll. Was auch immer Caritas und Diakonie praktisch erreichen und wie wertvoll ihre Arbeit auch sein mag, sich einen solchen Spruch zum Leitmotto zu wählen, lässt Abgründe erkennen. Schließlich lässt er sich auch so verstehen: „Lasst die Katastrophen ruhig geschehen. Solange wir uns erinnern, ist das Schlimmste nicht passiert.“