»Der größenwahnsinnige Herrenmensch ist zurück«, hieß es von Pegidas Bühne. Er komme heute als Gutmensch daher. Nun ist Tucholskys Spruch »Das Gegenteil von gut ist nicht böse, sondern gut gemeint« allbekannt, wie aber konnte der gute Mensch zum Feindbild werden?
Die Wortherkunft ist diffizil, es werden diverse Quellen angegeben. Eine behauptete Verwendung in der NS-Propaganda ist nicht belegbar. Als heute ausgestorbener Familienname war Gutmensch besonders in Mähren verbreitet. Der Heilige Homobonus wurde zu Gutmensch eingedeutscht, die christlichen Sektierer Katharer nannten sich selbst Bonhommes. Dass ein Wort mal irgendwo auftauchte, heißt aber nicht, dass es prägend war. Ab den 1990ern wird der Gutmensch greifbar innerhalb feuilletonlinker Kritik an der moralinsauren Rhetorik eines wohlhabenden, meist Grün wählenden Mittelstands, der politische Korrektheit als Distinktionsmittel begriff. Besonders das von Klaus Bittermann herausgegebene zweibändige, ätzend-sarkastische Wörterbuch des Gutmenschen rieb sich an floskelhafter, konsequenzloser, letztlich entpolitisierender Sprache.
Irgendwie wanderte die Wortverwendung nach rechts. Dort wird alles jenseits der eigenen Position pauschal als Gutmenschentum verunglimpft, um sich damit nicht mehr auseinandersetzen zu müssen. Der Gutmensch ist wohlfeil, naiv, verkennt alle Realitäten, wenn er pro Asyl ist und als Bahnhofsklatscher Flüchtlinge willkommen heißt. Man lehnt pauschal die Person ab, statt zu argumentieren. So funktioniert neuerdings auch der Vorwurf des Faschismus von rechts. In letzter Zeit erfuhr der Begriff eine Verschärfung. Gutmenschen sind nicht mehr spinnerte Utopisten, sondern Machtmenschen, die »Islamkriminelle« zur gezielten Gesellschaftszersetzung ins Land holen. Über ihr »Meinungsdiktat« üben sie sich in einer Aggressivität − Thilo Sarrazin meinte, »dass die sogenannten Gutmenschen« über ihn »herfielen« −, der man sich nur mittels Tabubruch erwehren könne. [tp]