Seehofer schafft das nicht

bessen_vom_besitzSeit geraumer Zeit sind drei Wörter (und eine mit Händen gefaltete Raute) Streitobjekt. Angela Merkels „Wir schaffen das“ erhitzte die Gemüter. Gemeint war damals die Aufnahme von Menschen, die aus Kriegsgebieten geflohen waren. Neben den eher üblichen xenophoben Reflexen, also der Angst vor Überfremdung, war diese Ansage vielen zu allgemein. Wie genau und mit welcher Unterstützung vom Bund? Als Merkel unlängst ihre Aussage wiederholte, war sie diesmal auf den „islamistischen Terror“ bezogen. Und Horst Seehofer, der schon länger in erster Linie damit beschäftigt ist, reaktionär zu klingeln, hatte seine Affekte mal wieder nicht unter Kontrolle.

Er könne sich diesen Satz nicht zu eigen machen, verkündete er. Dafür seien die Probleme zu groß und die Lösungsansätze nicht ausreichend. Im typisch reißerischen Jargon der CSU werden diese wenigen, sachlich gesehen inhaltsleeren Aussagen dann einmal mehr als Klartext verkauft, also als unverschlüsselt.

Dabei sind Seehofers Worte beinahe stilbildend für politische Kryptosprache, weil genau  genommen nichts klar am Text ist. Weder erläutert der Bayerische Häuptling, was wir nicht schaffen, noch gibt er auch nur zarte Andeutungen, warum dieses nicht weiter erläuterte „Das“ nicht zu schaffen ist. Zwar ist der Bezug zu Angela Merkel offensichtlich. Dennoch verkapselt sich Seehofer in Andeutungen. Während Merkels „Wir schaffen das“ aus dem Jahr 2015 die Aufnahme einiger Zehntausend geflohener Menschen meinte, sprach sie unmittelbar vor Seehofers Klartext-Auftritt mit den gleichen Worten die Amokläufe und Terroranschläge an. Seehofer schließlich verknüpft dreist und geschickt beide Bezüge und malt einmal mehr ein Schreckensszenario an die Wand – wohlgemerkt ohne auch nur mit einer Silbe das scheinbar unüberwindliche Problem zu benennen. Verwunderlich an dieser Art des Schaumschlagens ist zudem, dass sich der bayerische Ministerpräsident im gleichen Atemzug in eine hilflose, man ist geneigt zu sagen kastrierte Position manövriert. Geht es um die Ereignisse der letzten Wochen, dann gibt es keine Alternative zu Merkels Spruch, was diesen – nebenbei bemerkt – selbst in den Typus politischer Agitation einsortiert. Was will uns Horst denn sagen, wenn er formuliert, dass wir das nicht schaffen, um anschließend noch von irgendwelchen „Informationen“ zu stammeln, die ihm Kraft seines Amtes zur Verfügung stünden? Wirft er die Flinte ins Korn und geht eine Maß trinken? Schaffen wir Bayern und den Bund ab und überlassen ganz anderen Mächten das Feld? Die so wunderbar schwermütig gespielte Opposition zu Merkel müsste brutal nach hinten losgehen. Weil der Zeitgeist allerdings in bizarren Sprachspielen eingehüllt ist, fällt Seehofers Resignation gar nicht auf. Stattdessen bespielt er die assoziative Stimmungsmache gegen Geflüchtete, ohne auch nur ein wenig konkret zu werden. Propagandasprache in Anwendung.