WdbB: christlich-jüdisch

christlich-juedischDie Rolle der »christlich-jüdischenTradition« bei der kolportierten Notwendigkeit, das Abendland gegen die Islamisierung zu verteidigen, erscheint wie ein Phantomschmerz. Denn das sächsische Geburtsland von Pegida ist wie andere ostdeutsche Bundesländer für die Konfessionslosigkeit seiner Einwohner bekannt. Manche würden auch behaupten, dass es Antisemiten dort leichter haben als Juden. Vielleicht deshalb strengt sich die Evangelische Kirche in Sachsen nun an, dem Phantom eine pegida-gerechte Gestalt zu geben. So profilierte sich der Landesbischof Carsten Rentzing vor seiner Ernennung mit homophoben Aussagen. Und für den ob seiner DDR-Opposition bekannten ehemaligen Pfarrer Theo Lehmann drückt sich in dieser Haltung der auch in Kirchensachen bewundernswerte »sächsische Weg« aus. Diesen ebnet er für die Spaziergänge von Pegida, an denen er teilnimmt, um seine Kritik am Islam als »antichristliche Religion« zu demonstrieren. weiterlesen

Wer nicht zählen kann, muss hetzen. „Zuwanderer“ in der Sächsischen Kriminalstatistik

Gastbeitrag von Tobias Wilke

PKS 2017 falschDem Landeskriminalamt Sachsen ist es offenbar eine „Herzensangelegenheit“, eine sogenannte „Tatverdächtigenbelastungszahl“ für die Gruppe der Zuwanderer zu benennen, also den Anteil der tatverdächtigen Zuwanderer an den Zuwanderern in Sachsen insgesamt. Trotz ausdrücklicher Warnung des Bundeskriminalamt (BKA), dass diese Berechnung hochkomplex ist und etliche Fallstricke birgt. Deren Kollegen aus Sachsen haben es dennoch versucht und entsprechende Zahlen veröffentlicht – mit gravierenden Fehlern, die Populisten in die Hände spielen. weiterlesen

WdbB: Weihnachten

weihnachtenZum hohen Fest ist den Leuten kein Weg zu weit, um sich im Kreise der Lieben unter die geschmückte Tanne zu setzen und in trauter Runde Gänsebraten oder Kartoffelsalat mit Würstchen zu verspeisen. Die Fast-Eltern auf Herbergssuche geben nur den Rahmen, der aber lästig zu werden droht, wenn der Pfarrer im ausnahmsweise übervollen Heiligabend-Gottesdienst darauf hinweist, dass Jesus kein Deutscher und noch dazu so etwas wie ein Flüchtling war. Die Deutschlandhasser wollen sogar diesen Hort des Friedens und der Selbstvergewisserung, der Völlerei, der Hausmusik und des gepflegten Familienstreits zerstören. weierlesen

WdbB: Heimat

»Der sehr deutsche Begriff Heimat klingt harmlos. Doch progressiv besetzt werden kann er nicht«, argumentierte Patrick Gensing in der taz und verwies unter anderem auf die Nazikameradschaft Thüringer Heimatschutz, Forderungen besorgter Bürger, die Band Frei.Wild und den unter dem Begriff Neue Heimat firmierenden Siedlungsbau der Nazis. Die hässliche Schlagseite des Wortes spiegelt sich auch im niedlichen DDR-Pionierlied Unsere Heimat. Zuerst wird dort ein idyllisches Bild von Natur und Kultur gezeichnet, die Heimat dann aber nicht wegen ihrer Eigenqualitäten für schützenswert erklärt, sondern »weil sie unserem Volke gehört«, wie das Lied in höchsten Tönen kulminiert. In einer solchen Lesart von Heimat steckt immer auch Blut und Boden, die unverbrüchliche Verknüpfung von Menschen mit ihrer Umgebung, Unveränderlichkeit und die notfalls bewaffnete Verteidigung der Scholle ( Volksgemeinschaft). weiterlesen

WdbB: Rasse

rasseDie »sozialräumliche Häufung menschlicher Erbmerkmale im Sinn einer Formengruppe« (Wörterbuch der Ethnologie) lässt sich nicht leugnen: Wer in Nigeria geboren wurde, sieht aller Wahrscheinlichkeit nach anderen Nigerianern ähnlicher als beispielsweise einem Iraner. Fast alles, was über diesen banalen Befund hinausgeht, ist problematisch. Sowohl in Nigeria als auch im Iran, um kurz beim Beispiel zu bleiben, gibt es keine Übereinstimmung von Staatsbürgerschaft einerseits und Ethnizität, Sprache und Kultur an- dererseits. Auf genetischer Ebene finden sich innerhalb der Bevölkerung eines Gebiets mehr Unterschiede untereinander als zum Rest der Menschheit. Dies gilt nicht nur in interkontinentalen Transiträumen wie dem Iran, sondern auch bei den durch ihre Insellage und strenge Einwanderungsgesetze stärker isolierten Japanern. weiterlesen

WddB: Identität

In pathetischer Prosa dreht sich das Identitätskarussell seit einigen Jahren mit der Identitären Bewegung in eine weitere Pirouette hinein: »Unsere Generation ist das Opfer der 68er (…). Wir lehnen die Geschichtsbücher ab (…). Wir sind die Bewegung, die auf unsere Identität, unser Erbe, unser Volk und unsere Heimat schaut und erhobenen Hauptes dem Sonnenaufgang entgegengeht!« Im Abwehrkampf einer »Selbstabschaffung« Deutschlands gibt diese Gruppe die Wacht am Rhein − und bedient rassistische Ressentiments. Der Besorgtenrest tut es ihnen gleich. weiterlesen

WdbB: Verschwulung

Ein paar Anmerkungen zur „gründlichen deutschen Genitalwäsche“, diesmal als Tondokument bzw. als Video. Mit bestem Dank an Till Sorge.

WdbB: direkte Demokratie

bild_direkte-demokratieDie Sache mit der Demokratie ist an sich schon schwierig. Was heißt »Herrschaft des Demos«? Wer ist das? Funktioniert die Idee der Repräsentation, also die Vorstellung, dass einzelne für viele entscheiden? Das sind Fragen, die dieser Tage hochkochen − in Zeiten, in denen immer häufiger von Postdemokratie oder Oligarchie (der Herrschaft des Reichtums) gesprochen wird. weiterlesen

Essay: Im Gleichschritt gegen die Moderne

Zum (Miss-)Verhältnis von Postmoderne und der Neuen Rechten

von Ludwig Decke

Als PDF zum Download

post-modernWährend postmoderne Theorien seit den 1980er Jahren in der Linken für eine anhaltende Diskussion sorgen, scheint sich auf der anderen Seite des politischen Spektrums ein eindeutigeres Bild abzuzeichnen. Innerhalb der Neuen Rechten, die sich nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs als Alternative zum etablierten rechtsextremen Lager herausgebildet hat, scheint „postmodern“ meist als Chiffre für Chaos und Auflösung, für den vom politischen Gegner verantworteten Angriff auf tradierte Werte wie Volk, Staat und Nation zu stehen. So bringt die Formel „Postmoderne = Dekonstruktion von Identität“, wie sie in der neurechten Jugendzeitschrift Blaue Narzisse aufgestellt wird, die verbreitete Abneigung gegen den Begriff und die mit ihm assoziierten Phänomene auf den Punkt. Umso verwunderlicher ist es daher, dass einer der wichtigsten Köpfe jener Denkrichtung, der Schweizer Publizist und Schriftsteller Armin Mohler, ein gänzlich anderes Verhältnis zur Postmoderne pflegte. weiterlesen

WdbB: !!1!1!!

bild_ausrufezeichenFünf Ausrufezeichen sind »ein sicheres Zeichen dafür, daß jemand die Unterhose auf dem Kopf trägt«, witzelt eine Figur im Terry-Pratchett-Roman Mummenschanz. Ausrufezeichen müssen dazu herhalten, die Unmöglichkeit des Schreiens im geschriebenen Wort aufzufangen. Und weil die Frustration besorgter Bürger kaum zu steigern ist angesichts der Manipulationen und Bedrohungen, die das deutsche Volk erleiden müsse, ertönt jeder Satz mit zornbebender Stimme. Die Zahl der Ausrufezeichen markiert die Erregungsleiter. Zwei, drei wirken ruhig und besonnen. Ab acht wird die Wut anschaulich, bei 30 droht die Halsschlagader zu platzen. Die alte Kunst der Argumentation ist einem marktschreierischen Überbietungswettkampf gewichen: Jede noch so absurde Aussage beweist ihren Wahrheitswert anhand der Häufung einer Punkt-Strich-Kombination am Satzende. Die erregte Gesellschaft hat ihr Lieblingszeichen gefunden. Im Eifer des Gefechts und in Unkenntnis der Feststelltaste schleicht sich hin und wieder eine 1 ein, was der Angelegenheit beinahe einen typographischen Charme verleiht. Das wäre eine Randnotiz, würden die Besorgten nicht auf die Reinheit der deutschen Sprache pochen, die ein Ausrufezeichen nur bei einem Satz mit Imperativ vorsieht. Also wirklich selten. Und immer nur eins.
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